Gesundheitsförderung durch Lebensstilmodifikation
(Autor: Lutz Hertel)
Viele Menschen erkranken oder sterben heutzutage lebensstilbedingt.
Aus epidemiologischen Forschungserkenntnissen über krankheitsfördernde
Faktoren entwickelte sich eine auf Risikofaktoren bezogene Prävention
verhaltensbedingter Gesundheitsstörungen. Diese Art der individuellen
Verhaltensprävention ist in der praktischen Umsetzung oft problematisch;
die bislang erzielten Ergebnisse von Maßnahmen zur individuellen
Verhaltensprävention sind fragwürdig.
Als Alternative berücksichtigt das Lebensstil-/Lebensweisen-Konzept
die Komplexität menschlichen Erlebens und Verhaltens (das genuine
Fachgebiet der Psychologie) sowie die Umstände und Chancen individueller
und kollektiver Lebensführung (die soziologische Komponente). Gesundheitsförderung
nach dem Lebensstil-/Lebensweisen-Konzept orientiert sich an der Ottawa-Charta
der WHO, besonders am Ziel, „allen Menschen ein höheres Maß
an Selbstbestimmung über ihre Gesundheit zu ermöglichen und sie
damit zur Stärkung ihrer Gesundheit zu befähigen"; sie erscheint
plausibler und erfolgversprechender als die Risikofaktoren-Intervention
der biomedizinischen Tradition.
Daraus resultiert Lebensstilmodifikation als ein professionelles Handlungskonzept
mit spezifischen Modellen und Maßnahmen. Ein beispielhaftes Programm
der Lebensstilmodifikation haben Ornish et al. in bezug auf die koronare
Herzkrankheit entwickelt und dabei nachgewiesen, daß sich durch umfassende
Änderungen von Verhaltensgewohnheiten und Einstellungsmustern die
Rückbildung der Koronararteriosklerose erzielen läßt.
Eine auf Personen bezogene Gesundheitsförderung nach dem Lebensstil-Konzept
entwickelt sich - auch aufgrund enttäuschender Erfahrungen bisheriger
Empirie - zu einer Domäne der Psychologie, insbesondere der Gesundheitspsychologie,
die theoretische Modelle und praktische Maßnahmen entwickelt, anwendet
und überprüft; sie ist für diesen Bereich eine unverzichtbare
Lehr- und Hilfsdisziplin für andere Gesundheitswissenschaften. Diplom-PsychologInnen
mit gesundheitspsychologischem Schwerpunkt sind Experten für Lebensstilmodifikation.
Sie verfügen über Methoden, die eine Änderung des Lebensstils
(nicht isolierter Verhaltensaspekte!) erleichtern und langfristig stabilisieren.
Sie leisten integrative Arbeit bei interdisziplinärer Intervention
und unterstützen alle Gesundheitsberufe, denen die relevante psychologische
Kompetenz bislang fehlt.
Literatur
HERTEL, L. (1995): Gesundheitsförderung durch Lebensstiländerung:
Das Gesundheitsprogramm von Dean Ornish. In: Rieländer/Hertel/Kaupert.
RIELÄNDER, M., HERTEL, L. & KAUPERT, A. (Hrsg:) (1995). Psychologi-sche
Gesundheitsförderung als zukunftsorientiertes Berufsfeld - Bericht
der 2. Tagung ‘Psychologen in der Gesundheitsförderung und Prävention’
sowie ergänzende Beiträge. Bonn: DPV
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